
Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen – ADS – ADHS
Eine gesunde und intakte Konzentrations- und Aufmerksamkeitsfähigkeit ist wichtig, damit wir in jedem Augenblick in unserem Alltag effizient handeln und arbeiten können. Sie ist notwendig für ein genaues Hinschauen und Hinhören und für die Organisation und Steuerung von Handlungsabläufen.
Wenn wir körperliche oder geistige Tätigkeiten ausführen sind wir darauf angewiesen, dass wir uns auf die jeweilige Aufgabe konzentrieren und unser Verhalten den jeweiligen Gegebenheiten kontinuierlich anpassen.
Ist diese Fähigkeit gestört machen wir Fehler: Wir halten Termine nicht ein, erledigen Aufgaben ungenau, zu spät oder fangen diese erst gar nicht an, lassen uns von unwichtigen Dingen rasch ablenken, handeln unüberlegt und riskant. Eine anhaltende und starke Beeinträchtigung der Aufmerksamkeitsleistung hat daher weitreichende negative Auswirkungen in der Schule, im Beruf, im Verkehr, im Sport und auf viele andere Aspekte in unserem Leben.
Menschen, die an einer Aufmerksamkeitsstörung leiden, werden in ihrer Lern- und Leistungsfähigkeit eingeschränkt. Sie entwickeln oft Versagensängste oder ziehen sich sozial zurück und haben nicht selten Beziehungsprobleme im familiären und beruflichen Umfeld.
ADHS – ADS
ADHS steht für Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung.
Kinder, Jugendliche und Erwachsene können von dieser Störung betroffen sein. Im Kindes- und Jugendalter beträgt die Häufigkeit dieser Störung 5-8 Prozent. Jungen sind häufiger betroffen als Mädchen. Nach internationalen Erhebungen der WHO liegt die Häufigkeit im Erwachsenenalter bei 4-5 Prozent.
Die Hauptmerkmale dieser Störung sind Unaufmerksamkeit – Hyperaktivität und Impulsivität.
Unaufmerksamkeit
- zeigt sich darin, dass Beschäftigungen und Aufgaben vorzeitig abgebrochen und Tätigkeiten nicht beendet werden.
- Es fällt schwer sich länger zu konzentrieren und lange bei einer Sache dran zu bleiben.
- Störende Gedanken und Reize von außen lenken rasch ab.
- Die Organisation von Aufgaben und Aktivitäten bereiten Schwierigkeiten.
- Bei Alltagsbeschäftigungen tritt Vergesslichkeit auf, Gegenstände werden verlegt oder gehen verloren.
- Oft besteht eine Abneigung gegen Tätigkeiten, die eine langandauernde geistige Anstrengung erfordert.
Hyperaktivität
- äußert sich durch ein anhaltendes Muster ausgeprägter motorischer Aktivität.
- Betroffene zappeln häufig mit den Händen oder Füssen, rutschen auf dem Stuhl hin und her.
- Betroffene zeigen eine ständige Bewegungsunruhe und oft einen Drang zum Laufen z. B. in Situationen, in denen Sitzenbleiben erwartet wird.
- In der Freizeit, in der Schule und im Beruf können Beschäftigungen nicht ruhig und entspannt erledigt werden.
- Betroffene zeigen eine innere Unruhe, eine innere Getriebenheit („wie unter Strom stehen“).
Impulsivität
- manifestiert sich als Ungeduld und in der Schwierigkeit abwarten zu können, bis man an der Reihe ist.
- Handlungen werden oft plötzlich, ohne zu überlegen vorgenommen.
- Es besteht ein ausgeprägter Rededrang. Andere werden häufig in Gesprächen oder Tätigkeiten unterbrochen oder gestört (z. B. in Gespräche hineinplatzen).
Diese Symptome treten in der Regel gehäuft in mehreren Lebensbereichen auf (Familie, Schule, Freizeitbereich) und sind über einen längeren Zeitraum vorhanden. Wenn die hyperaktiv-impulsiven Anzeichen fehlen oder nur schwach ausgeprägt sind, handelt es sich oft um eine Aufmerksamkeitsdefizitstörung ohne Hyperaktivität. Dieses Krankheitsbild wird als ADS bezeichnet.
Ursachen der ADHS/ADS
Bis heute gibt es keine eindeutige und allumfassende Erklärung wie diese Störung entsteht. Vermutet wird, dass diese Störung durch ein Zusammenspiel von genetischen, biologischen und psychosozialen Faktoren ausgelöst wird. In Familienstudien wurde die erbliche Veranlagung als einer der wichtigsten Faktoren beschrieben.
Einige wissenschaftliche Studien wiederum weisen darauf hin, dass es sich um eine neurobiologische Störung handelt, die mit einer Veränderung der Botenstoffe im Gehirn einhergeht. In anderen Studien konnte mit bildgebenden Verfahren bei ADHS-Betroffenen nachgewiesen werden, dass in den vorderen Hirnabschnitten weniger Blutzucker verbraucht und das Gehirn weniger durchblutet wird.
Nahrungsmittelbestandteile wie Zucker, Milcheiweiß und Phosphat werden in einigen wissenschaftlichen Studien ebenfalls als Einflussfaktoren erwähnt.
Familiäre und schulische Bedingungen, elterlicher Erziehungsstil und Unterrichtsstil in der Schule (psychosoziale Faktoren) können in erheblichem Masse die Stärke und den Verlauf der Störung mitbestimmen, sind aber keinesfalls die alleinige Ursache einer ADHS.
Aufmerksamkeitsstörungen nach Hirnschädigung
Aufmerksamkeitsstörungen treten bei nahezu allen neurologischen Erkrankungen auf, die das zentrale Nervensystem (Gehirn und Rückenmark) betreffen. Das zentrale Nervensystem steuert unser Denken, Fühlen und Handeln. Es ist zuständig für die Bewegungsausführungen, die Atmung, das logische Denken, das Gedächtnis, die Gefühle, das Bewusstsein, die Aufmerksamkeit und das Vorstellungsvermögen.
Bei Schädel-Hirnverletzungen nach einem Unfallgeschehen, bei Hirninfarkten und Hirnerkrankungen wird das zentrale Nervensystem geschädigt und kann somit seine vielfältigen Aufgaben nicht mehr richtig erfüllen. Je nach Schweregrad und Ort der Hirnschädigung treten Beeinträchtigungen in der Sprache, in der Körpermotorik, in der Merkfähigkeit, im emotionalen Bereich und in den Aufmerksamkeitsfunktionen auf.
Therapie
Nach Abschluss der Diagnostik folgt die Frage nach einer geeigneten Therapie.
Obligatorisch sind eine ausführliche Aufklärung und Beratung der Patienten und deren Angehörigen.
Im Falle eines kindlichen ADHS ist es für die Eltern wichtig, dass sie über die Besonderheiten ihres Kindes informiert sind. Auch die Aufklärung der Lehrer ist von großer Bedeutung. Eltern können durch die Strukturierung des Umfeldes und durch Veränderung ihrer Erziehung sehr zur Besserung beitragen.
Eine medikamentöse Behandlung mit Stimulanzien (Methylphenidat) kann in einer krisenhaften Situation in der Schule oder im Beruf oft eine rasche Besserung bewirken.
Eine Psychotherapie ist dann zu bevorzugen, wenn die Wirkung der Medikamente ausbleibt oder Verhaltensauffälligkeiten (Veränderungen in der Stimmungslage, Gereiztheit, Aggressivität, Ängste, etc.) begleitend auftreten. Als wirksam haben sich die kognitive Verhaltenstherapie, Neurofeedback und störungsspezifische Interventionen gezeigt. Quellen zum Wirksamkeitsnachweis von Neurofeedback siehe unter:
www.neurocaregroup.com/de/wissenschaftliche-veroeffentlichungen-neurofeedback-adhs
www.beobachter.ch/stichworte/a/adhs
Goldstandard in der Behandlung von Aufmerksamkeitsstörungen sind eine Kombination aus Psychotherapie, Beratung und Pharmakotherapie.